Der Tod gehört zum Leben

Person hält die Hand eines Patienten

Ein Bericht von Michaela Glemser, Bietigheimer-Zeitung:

„Gespräche führen, vorlesen und da sein

Doris Sprenger und Gerhard Stoll engagieren sich ehrenamtlich im Ambulanten Hospizdienst und begleiten Menschen auf ihrem letzten LebensabschnittGelernt, dem Tod zu begegnen

Er gehört zum Leben dazu und dennoch ist er in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema, vor dem viele Menschen Angst haben. Diese Berührungsängste vor dem Tod haben Doris Sprenger aus Bissingen und Gerhard Stoll aus Sersheim inzwischen verloren. Die 66-Jährige und der 67-Jährige sind zwei der insgesamt 16 ehrenamtlichen Kräfte des Ambulanten Hospizdienstes der Kirchlichen Sozialstation Sachsenheim.

„Der Tod betrifft alle Menschen. Daher ist es mir wichtig, dieses Thema ins Leben zu holen und nicht auszuklammern. Ich will andere Menschen unterstützen und konnte während meiner inzwischen 15-jährigen Mitarbeit beim Ambulanten Hospizdienst auch eigene Ängste abbauen“, schildert Sprenger.

Gelernt, dem Tod zu begegnen

Sie hat während ihres Ausbildungskurses für ihre ehrenamtliche Tätigkeit in insgesamt 120 Stunden gelernt, dem Tod auch auf einer rein sachlichen Ebene zu begegnen und die verschiedenen physischen Phasen des Sterbeprozesses genau zu analysieren.

„Die Begegnungen mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase sind durchaus auch bereichernd für mein eigenes Leben. Für mich war das Thema ‚Tod‘ vorher gar nicht greifbar. Auch wenn es einem natürlich kurzzeitig in ein Loch zieht, wenn man in das Zimmer eines betreuten Menschen im Seniorenheim kommt und das Bett plötzlich leer ist“, erzählt Gerhard Stoll. Doch dafür steht den ehrenamtlichen Kräften der Hospizgruppe die Koordinatorin Christine Burkhardt zur Verfügung, die immer ein offenes Ohr hat.

Zudem finden regelmäßig Supervisionen und der Austausch in der Gruppe statt. „In den Senioren- und Pflegeheimen werden wir meist direkt angefragt, im häuslichen Umfeld läuft dies oft über die Kirchliche Sozialstation und ihre Pflegekräfte“, erläutert Burkhardt.

Erstgespräche zur Sondierung

Im häuslichen Umfeld und in den Familien der Sterbenden warten vielschichtige Aufgaben auf die Ehrenamtlichen der Hospizgruppe. „Wir erleben die Familie in vielen unterschiedlichen Facetten und lassen auch den Angehörigen unsere Begleitung und Unterstützung zukommen. Wir wollen mit der Familie diesen letzten Weg des Sterbenden gemeinsam gehen“, betont Sprenger.

Zu Beginn erhalten die Ehrenamtlichen von Koordinatorin Burkhardt, welche die Erstgespräche mit den betroffenen Personen und ihren Familien führt, einige Hintergründe zur individuellen Situation, die sie vorfinden werden.

Situation ganz offen wahrnehmen

„Wenn ich das Zimmer des betroffenen Patienten betrete, lasse ich vor meinem inneren Auge ein Laken herunter und versuche alle eigenen Bedürfnisse ganz hinten anzustellen. Ich will die Situation ganz offen und mit allen Sinnen wahrnehmen“, berichtet Sprenger. Sie schaut sich genau im Zimmer des Sterbenden um und versucht mit Büchern, Bildern oder anderen Hinweise erste Anknüpfungspunkte für ein Gespräch zu finden. „Die entsprechende Feinfühligkeit ist sehr wichtig. Daher nehme ich mir vor den Besuchen etwas Zeit für mich, um nicht abgehetzt vom Alltag die Besuche zu machen“, sagt Stoll. Die Ehrenamtlichen sind für die Sterbenden da, führen Gespräche, halten die Hand, lesen vor oder hören gemeinsam Musik. Diese Begleitung kann zwei Monate andauern oder sogar zwei Jahre.

„Wir beobachten den Zustand der Patienten, können aber den Zeitpunkt des Todes nicht genau vorhersagen. Manchmal glaubt man etwas zu ahnen, kann sich dabei aber auch sehr täuschen“, erläutert Stoll.

Ein Vorbereitungskurs für den ehrenamtlichen Einsatz in der Ambulanten Hospizgruppe wird im kommenden Jahr von Juni bis Dezember wieder in Sachsenheim stattfinden.

Nächster Kurs am 8. November

Die Teilnahme am nächsten Kurs „Letzte Hilfe“, der allen daran Interessierten einen angstfreien Umgang mit den Themen „Sterben, Tod und Trauer“ vermitteln möchte, ist am Samstag, 8. November, von 9 bis 13 Uhr in der Kirchlichen Sozialstation Sachsenheim möglich.

Wer sich allgemein über die Arbeit und Unterstützung der Ambulanten Hospizgruppe informieren möchte, hat dazu am Samstag, 11. Oktober, anlässlich des Welthospiztages unter dem Motto „Heimat für alle“ an einem Infostand auf dem REWE-Parkplatz in Großsachsenheim Gelegenheit.“